Love Brands: Wie lässt sich die derart starke Anziehungskraft auf Konsument:innen messen?

Vielversprechend preisen Unternehmen und Marken ihre Produkte und Dienstleistungen an. Sie versichern ihren Kunden Wünsche zu erfüllen und Probleme zu lösen. Doch meist sind die Produkte und Dienstleistungen vergleichbar. Wie schaffen es nun Unternehmen sich von anderen mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen abzuheben?

Gelingen kann dies, indem sie positive Gefühle in der Kommunikation mit den Kunden erzeugen. Emotionen spielen demnach in Marketing und Werbung eine zentrale Rolle. Warum sind sie so wichtig für Unternehmen, ihre Produkte bzw. Marken und wie lassen sich Emotionen im Kontext Big Data effizient erfassen und analysieren?  

Emotionen haben sich in der menschlichen Entwicklungsgeschichte herausgebildet, damit schnell und automatisiert situative Bewertungen vorgenommen werden können. Wichtig dabei ist, dass Emotionen in der Regel eine energetisierende Natur besitzen und bestimmtes Verhalten triggern. Auch heute noch begleiten uns stets Emotionen und geben Orientierung, indem sie an vielen Entscheidungen beteiligt sind. In unserem Alltag sind wir bspw. häufig mit Kaufentscheidungen für oder gegen ein Produkt verschiedener Marke konfrontiert. Natürlich spielen bei solchen Entscheidungen rationale Abwägungen, wie der Preis oder die Beurteilung der Produktqualität eine Rolle. Dennoch geben vielhäufiger unsere Gefühle den entscheidenden Ausschlag, ob wir das Produkt der Marke A oder B kaufen. 

Selbst hochpreisige Produkte, wie Autos, werden häufig basierend auf Emotionen gekauft. Ganz treffend hat dies BMW in ihrem bekannten Slogan „Freude am Fahren“ verpackt: Autokauf und vor allem -fahren sind für viele Menschen eben mehr als eine formale Kosten-Nutzen-Rechnung, sondern insbesondere Freude, Begeisterung und vielleicht auch eine spezielle Form von Liebe. 

Markenliebe 

Wir können Liebe gegenüber anderen Menschen empfinden, aber auch Unternehmen und deren Marken bzw. Produkte können wir lieben. Eine geliebte Marke vermittelt uns Freude und wir vertrauen ihr, genauso wie unserer besten Freundin. Wie die meisten Emotionen ist Liebe auch mit bestimmten Einstellungen und Verhaltensweisen verknüpft2. Geliebte Produkte finden wir oft so großartig, dass wir diese gerne häufig weiterempfehlen und wenig kritisieren. Weiterhin führt ein hohes Maß an „Markenliebe“ dazu, dass wir eher bereit sind für die entsprechenden Produkte mehr zu zahlen und diese auch häufiger kaufen1. 

Plutchiks Modell der Basisemotionen  

Ein häufig in Marketing und Werbung genutztes Emotionsmodell ist Plutchiks Rad der Basisemotionen3. Dieses Modell beinhaltet acht zentrale Emotionen: 

  • Ärger, Ekel, Traurigkeit, Überraschung, Angst, Erwartung, Vertrauen und Freude 
  • Ähnliche Emotionen sind im Rad benachbart und gegenüberliegende Emotionen sind gegensätzlich. 
  • Plutchik nimmt an, dass Basisemotionen eine genetische Grundlage haben, und automatisiert bestimmtes Verhalten auslösen (z.B. führt Angst zu Fluchtverhalten). 
  • Alle acht Basisemotionen bilden in unterschiedlichen Kombinationen die Grundlage für komplexere Emotionen, wie Liebe. 
  • Liebe ist eine Mischemotion aus Vertrauen und Freude bzw. ein starkes Empfinden von inniger, angenehmer Verbundenheit gegenüber Personen, Produkten und Marken.  
Grafik Love brands
Abbildung 1: Plutchiks Rad der Emotionen

Big-Data Studie: Love Brands

Gemeinsam mit unserem Partner vom IMWF haben wir die Emotion Liebe gegenüber den Top 20k Unternehmen Deutschlands gemessen. Hierzu haben wir im Zeitraum April 2020 bis Ende März 2021 33,5 Millionen Online-Texte (u.a. aus Foren, Blogs, Nachrichten-Seiten und Social-Media-Kanäle) systematisch mittels Maschinen-Learning Methoden ausgewertet. Hierzu wurden anhand eines Wörterbuches basisemotionale Wörter und Emojis computergestützt erkannt. Anschließend wurde eine Stichprobe aus den Daten gezogen und diese händisch kodiert ob in den Texten Liebe geäußert wird. Auf Grundlage dieser manuell kodierten Daten wurde mittels KI-Methoden (K-Nearest-Neighbor-Algorithmus) ein Vorhersagemodell für die restlichen Daten trainiert. Für diese Klassifikation von Liebe berücksichtigen wir alle 8 Basisemotionen sowie die allgemeine Tonalität (positiv, negativ oder neutral) der Texte. Am Ende wurde ein „Love-Score“ basierend auf dem trainierten Model für jedes Unternehmen erstellt. Die Top-Unternehmen je Branche erhielten dann die Auszeichnung „Love Brand“. Mehr Informationen zur eingesetzten Studien-Methodik sowie der Vergabe der „Love Brand“ Auszeichnung sind hier zu finden.

Ausblick: Data Science als Chance für Marketing & Werbung

Schon heute ist die Welt der Werbung stark digital geprägt, was sicherlich in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Kunden:inen-Reaktionen, die Chancen für die eigene Marke aufzeigen – wie z. B. das Äußern von Unzufriedenheit über Produkte oder das Unternehmens-Image, werden zunehmend aus digitalen Quellen direkt ablesbar sein4. Daher ist es unerlässlich für Unternehmen schnell auf die digitale Wahrnehmung im Web zu reagieren, um ihr Marketing agil anpassen zu können. Mittels komplexer Datenmodellierungen und der Integration verschiedener Datenquellen in Big-Data Frameworks kann man die immense Fülle an Daten systematisch erfassen. Dieser reichhaltige Schatz an Kunden:innen Informationen wird dann im Weiteren mittels komplexer Data Science Methoden analysieren um ein nachhaltigen Mehrwert für das eigene Marketing und die Werbung der Zukunft zu schaffen. Das Erfassen von verschiedenen Emotionen, wie Liebe hier in diesem Beispiel, ist dabei nur ein Use-Case. Weitere Emotionen sowie andere Indikatoren, wie Reputation, Image, die Art der diskutierten Themen und vieles mehr sind ebenso denkbar bzw. auch immer abhängig von den eigenen konkreten Marketing-Zielen.

Möchten Sie mehr über die technischen Herausforderungen und Chance von Big Data sowie Data Science im Marketing-Kontext erfahren, so stehen wir gerne für weitere Informationen und Beratung zur Verfügung.

Autor: Dr. Stefan Krause – Consultant Data Science bei TIQ Solutions

Quellen

1 Felser, G. (2015). Werbe- und Konsumentenpsychologie (4. Aufl.). Spektrum Akademischer Verl. ISBN 978-3-642-37644-3

2 Rothermund, K. & Eder, A. (2011). Allgemeine Psychologie: Motivation und Emotion. VS Verlag. ISBN 978-3-531-16698-8

3 Plutchik, R. (1991). The Emotions. University Press of America. ISBN 0-8191-8286-9

4 Malthouse, E.C. & Li, H. (2017). Opportunities for and Pitfalls of Using Big Data in Advertising Research. Journal of Advertising, 46:2, 227-235, DOI:10.1080/00913367.2017.1299653

 

 

 

 

 

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